Kein Schlussstrich unter den Holocaust!

Ich möchte verhindern, dass ein historisch falsches Bewusstsein weiter Raum greift. Deshalb richtet sich mein Appell an jeden Einzelnen und an alle politischen Instanzen in ganz Europa. Niemand kann mein Anliegen "durchsetzen". Aber vom Gemeinderat bis hin zu den EU-Institutionen können alle dazu beitragen.
Diese Kampagne wird von [% inititator_name %] organisiert.
Appell
Wir dürfen die Beschäftigung mit dem Holocaust niemals als abgeschlossenes Kapitel ansehen. Und wir sind leider in diese Richtung unterwegs - Forscher, Zeitzeugen, Aktivisten stoßen in den Medien auf sich ausbreitendes Desinteresse. Es gilt noch vieles aufzuklären. Und vieles ist noch nicht dokumentiert, öffentlich zugänglich. Wenn sich die ganz falsche Auffassung weiter durchsetzt: Das wissen wir doch längst alles, das ist doch schon hundertmal erzählt worden, dann wird die historische und politische Aufklärung zum Stillstand kommen, die Bildungsarbeit großen Schaden nehmen.
Alarmierend ist, dass parallel sich faschistoides Gedankengut und Rassenhass europaweit ausbreiten, während zugleich kein Konsens über den Umgang totalitären Bedrohungen besteht.
Warum das wichtig ist
Als westdeutscher Historiker und Publizist, der seit fast 30 Jahren in Tschechien lebt, habe ich mich sehr intensiv mit dem Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus in meiner Wahlheimat beschäftigt. Ich habe über 700 Zeitzeugengespräche mit tschechischen und slowakischen Überlebenden organisiert, didaktisch begleitet, moderiert. Als Gedenkstättenführer engagiere ich mich im ehemaligen KZ Theresienstadt. Ich habe zahlreiche Autobiografien Überlebender aus dem Tschechischen ins Deutsche übersetzt und publiziert, bin selbst Autor der Biografie einer tschechischen Auschwitz-Überlebenden.
Und seit etwa 10 Jahren stelle ich fest: Deutschsprachige Medien (auch in Österreich, der Schweiz, den USA u. a.) ignorieren das Thema immer mehr. Zwei Beispiele (ich könnte zahlreiche weitere anführen):
- 2021 erscheint in Deutschland meine Übersetzung aus dem Tschechischen des Buches “Roman Cílek: Gleise in den Tod - Holocaust. Blick hinter die Kulissen des nationalsozialistischen Vernichtungsprogramms.” Der zweimal für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagene tschechische Schriftsteller und Holocaust-Überlebende Arnošt Lustig urteilt in einem Begleitwort, das Buch gehöre “zum Besten, was über den Zweiten Weltkrieg geschrieben worden ist und kommt auf seinem Gebiet der Perfektion nahe”. Trotz intensivster Pressearbeit erscheint im deutschsprachigen Raum keine einzige Rezension.
- 2022 stirbt in Prag die tschechische Auschwitz-Überlebende Lisa Miková im Alter von 100 Jahren. Sie hat deutsche Schülerinnen und Schüler in zahllosen Zeitzeugengesprächen aufgeklärt und tief berührt. Sie wird ihnen unvergessen bleiben. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ihr das Bundesverdienstkreuz zuerkannt. Auf meine Pressemitteilungen zu Lisa Mikovás 100. Geburtstag und zu ihrem Tod hat kein einziges deutschsprachiges Medium reagiert.
Von fast 1.000 individuell angesprochenen Medien antworten nur etwa 20… 15 schreiben “Wir haben ihre Nachricht erhalten und melden uns gegebenenfalls.” (Was in keinem einzigen Fall passiert ist.) 5 nehmen sich etwas mehr Zeit und antworten: “Wissen Sie, wir hatten da erst unlängst etwas zu dem Thema. Gibt es denn einen aktuellen Anlass?”
Das Thema Holocaust scheint abgeschlossen. Das halte ich für eine Katastrophe.